Die dokumentarfilmwoche hamburg vom 23. bis 28. april / Zweites Studiogespräch

ID 128197
 
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Wir sprechen zu "Dokumentierter Aktivismus & aktivistisches Filmen." Zugrunde gelegt sind die Filme ›Xaraasi Xanne – Crossing Voices‹, ›Operation Namibia‹ und ›Fasia – von trutzigen Frauen und einer Troubadora‹. Die Filme erzählen von emanzipatorischen Kämpfen von den 60ern bis in die 2000er zwischen Selbstorganisation, Supporter*innentum und Aktivismus. Bei aller Unterschiedlichkeit der politischen Milieus, Zeitlichkeiten und Erzählweisen spricht aus den Filmen der Geist des Internationalismus des 20. Jahrhunderts. Die Behauptung: Alle Menschen können gleichermaßen am Kampf gegen Kapitalismus und Ausbeutung partizipieren.
Respondenzen von Onome Ekeh und Abdou-Rahime Diallo werden im Rahmen der Diskussionsveranstaltung (in englischer Sprache) gehört werden. Am Sonnabend, 27.4. um 11 Uhr im Festivalzentrum fux eG. Das Festivalzentrum befindet sich in der fux eG in Altona, Bodenstedtstrasse 16.
Fortsetzung von https://www.freie-radios.net/128026.

Operation Namibia
Martin Paret, DE 2023, 93 min, engl. OmdtU
Eine Gruppe weißer linker Aktivist*innen kauft 1976 in England ein Segelboot für eine mehrmonatige Überfahrt nach Namibia.
Die Mission der jungen Crew: nichts weniger als eine gewaltfreie Revolution im Apartheidsystem des von Südafrika besetzten Landes anzustoßen. Mit an Bord sind 6.000 verbotene Bücher, viel Idealismus und Zeit. Anhand des Briefverkehrs der Crew mit den Organisationsbüros in Philadelphia und London erzählt der Film geschickt und humorvoll vom Verlauf und Scheitern des Versuchs von philanthropischem Aktivismus, Selbstorganisation und all ihren zwischenmenschlichen Grenzen. ›Operation Namibia‹ ist eine vielstimmige Odyssee zwischen Briefen, Fotos und Super8-Film, aus der nicht zuletzt der naive Glaube an internationale Solidarität der 70er-Jahre spricht.

Fasia – von trutzigen Frauen und einer Troubadora
Re Karen, BRD 1987, 84 min, dt. OF Erstaufführung der digitalisierten 4K-Version
Fasia Jansen wird 1929 als uneheliche Tochter von Elli Jansen aus Hamburg-Rothenburgsort und dem liberianischen Generalkonsul Momulu Massaquoi geboren und wächst in der Familie ihrer Mutter auf.
Während der NS-Zeit hat sie als Afrodeutsche keinen Zugang zu den Luftschutzbunkern und ist medizinischen Versuchen der Nazis ausgesetzt, die ihre Gesundheit nachhaltig beeinträchtigen. Später wird das Ruhrgebiet zu ihrer Wahlheimat, und sie engagiert sich in der Anti-Kriegsbewegung. Ihre Bluesstimme und ihre Bühnenpräsenz machen sie in den 1980er-Jahren zu einer Ikone der europäischen feministischen Friedensbewegung. Der Film ist eine Hommage an Fasia Jansen und zeigt beeindruckende Interviewszenen mit ihrer Mutter und Hamburger Jugendfreundinnen.

Xaraasi Xanne – Crossing Voices
Raphaël Grisey, Bouba Touré, FR/DE/ML 2022, 123 min, soninké/frz./bambara/pulaar OmeU
Der Film handelt von Kämpfen um Arbeit und Anerkennung in Frankreich, der Sans-Papiers-Bewegung, vom Senegal-Fluss in Mali und was von Termiten zu lernen ist.
Unterschiedliche Kulturen der Aufzeichnung und Überlieferung treffen aufeinander. Dokumente migrantischen Widerstands: Videos, Fotos, Plakate und Flugblätter, die Griots und das Radio, koloniales Bildmaterial und Google Earth. Als Reisender zwischen Mali und Frankreich bringt Touré in Frankreich erworbenes landwirtschaftliches Wissen zurück nach Mali und begründet 1977 mit anderen Rückkehrer*innen die bis heute bestehende Kooperative Somankidi Coura. Touré und Grisey legen gemeinsam Pfade durch Tourés reichhaltiges Archiv und versehen sie mit einer eigenen Zeitlichkeit: die Permakultur des Kampfes gegen koloniale Dominanz.
Audio
58:46 min, 77 MB, mp3
mp3, 182 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 19.04.2024 / 19:23

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Klassifizierung

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Sprache:
Redaktionsbereich:
Entstehung

AutorInnen: Nachmittagsmagazin für subversive Unternehmungen; nfsu
Radio: FSK, Hamburg im www
Produktionsdatum: 19.04.2024
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Einführung ins Filmprogramm der dokfilmwoche 2024: Fragen an die Gegenwart
Aus gegebenem Anlass zieht sich eine Revision historischer Ereignisse durch unser diesjähriges Programm. Die eingeladenen Filmemacher*innen arbeiten mit Archivmaterial, bergen Nachlässe, lassen Zeitzeug*innen zu Wort kommen. Sie rufen zu Erinnerung und Neubetrachtung auf, stellen von der Vergangenheit aus blickend Fragen an unsere Gegenwart. Eine Gegenwart, die zunehmend von sich gegenseitig ausschließenden Positionierungen geprägt scheint, deren polarisierend geführte Diskurse der Komplexität und Widersprüchlichkeit unserer Welt nicht gerecht werden können. Aber nicht nur der Blick in die Geschichte prägt das Programm dieser Ausgabe, ebenso schauen wir mit den Filmemacher*innen auf die Gegenwart und in die Zukunft. Auf das Alltägliche und das Außerordentliche, auf Arbeitsplätze und in virtuelle Welten. Unter dem Label dokland hamburg zeigen wir Filme von jungen, aber auch etablierten Hamburger Filmschaffenden, und in den fux Lichtspielen ist Klaus Wildenhahns Hörstück zu erleben. Wir kooperieren mit dem Harun Farocki Institut, um zwei Filme in einen Dialog zu bringen, und setzen das 2021 mit dem ›Panel zur kolonialen Aufarbeitung im Dokumentarfilm‹ begonnene Gesprächsformat mit einer Diskussion zu dokumentiertem Aktivismus und aktivistischem Filmen fort. Karin Bergers feinfühlige Zeitzeug*innenporträts knüpfen an das letztjährige Special zu Sinti*zze und Rom*nja im Film an. Gemeinsam mit der Woche des Gedenkens erinnern wir an die Hamburger Friedensaktivistin Fasia Jansen und anhand zweier Archivfilme zum Spanischen Bürgerkrieg versuchen wir in einem Podiumsgespräch Schlüsse für den Kampf gegen den europäischen Faschismus zu ziehen.
Wir beginnen die Tage im Festivalzentrum in der fux eG in Altona mit Gesprächsveranstaltungen. Dort könnt ihr auch unsere Ausstellung mit Programm besuchen: Gemeinsam mit Deutschlandfunk Kultur präsentieren wir Radiofeatures aus dem Archiv unter dem Titel ›Dokumentarisches Hören‹. Nach gemeinsamer Mittagspause geht’s ins Kino: Metropolis, 3001, Lichtmeß oder B-Movie, denn wir bespielen jeweils nur ein Kino am Tag.

Position: Dokumentierter Aktivismus & aktivistisches Filmen am Sonnabend, 27. April um 11 Uhr
Dokumentierter Aktivismus & aktivistisches Filmen:
Respondenzen von Onome Ekeh und Abdou-Rahime Diallo
Diskussionsveranstaltung in englischer Sprache
Grundlage der Diskussion sind die Filme ›Xaraasi Xanne – Crossing Voices‹, ›Operation Namibia‹ und ›Fasia – von trutzigen Frauen und einer Troubadora‹.
Die Filme erzählen von emanzipatorischen Kämpfen von den 60ern bis in die 2000er zwischen Selbstorganisation, Supporter*innentum und Aktivismus. Bei aller Unterschiedlichkeit der politischen Milieus, Zeitlichkeiten und Erzählweisen spricht aus den Filmen der Geist des Internationalismus des 20. Jahrhunderts. Die Behauptung: Alle Menschen können gleichermaßen am Kampf gegen Kapitalismus und Ausbeutung partizipieren. In der Diskussion geht es um kritische Perspektiven auf selbstermächtigte Archivarbeit und die Bildproduktionen subalterner Positionen. Was waren die Verheißungen des damaligen Internationalismus, wodurch geriet er in Verruf und wie kann eine Transformation gelingen?
Onome Ekeh wurde auf beiden Seiten des Atlantiks geboren und lebt als Autorin und Gestalterin spekulativer Räume in Basel. Ihre Arbeit dreht sich um kulturelle Verdichtungen wie die schwarze Diaspora, postkoloniale Überschneidungen und die Möglichkeiten, dominante kulturelle Konstrukte neu zu gestalten.
Abdou-Rahime Diallo ist Politikberater und Trainer im Bereich Dekolonisierung und Antirassismus, interkultureller Moderator, Musiker und Filmemacher. Seine Eltern kamen aus Guinea zum Studium in die DDR. Er wurde in Halle geboren und lebt in Berlin. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Vernetzung und Beratung von diasporischmigrantischen Organisationen.